Adieu Gas!
Zum 16. Mal traf sich die europäische Gasindustrie Ende März in Wien, um die langfristige Rentabilität von Gas zu sichern, obwohl der neueste Bericht des Weltklimarats (IPCC) aufzeigt, dass die derzeitige Infrastruktur für fossile Brennstoffe allein das verbleibende Kohlenstoffbudget von 1,5°C überschreiten würde. Das bedeutet, dass es nicht genug ist, nur weg vom russischen Gas zu kommen, sondern es darf keinen Tropfen mehr Gas fließen, wenn wir die Kollateralschäden der Klimakrise verringern wollen und den globalen Temperaturanstieg anhalten wollen. Gas rentabel in der Zeit der Klimakrise zu machen, ist ein schlechter Witz, als ob es je grün sein könnte! Und sowieso, für wen soll es rentabel sein? Die Gasindustrie hat vom Krieg in der Ukraine extrem profitiert; sie machte Rekordgewinne, während viele Familien ihren Lebensunterhalt kaum bezahlen konnten und harrten den Winter in kalten Wohnungen aus. Die Rechnung geht nicht auf, weder für die 99% noch für den Planeten.
Dieses Jahr haben Aktivist*innen entschieden, dass es das Ende Gelände für die Gasindustrie ist; die Konferenz dürfte dieses Jahr nicht mehr unbemerkt stattfinden. Ein internationales Bündnis, „Block Gas“, hat einen Aufruf zur Blockade der Konferenz gemacht. Auch wenn unabhängige Medien und die zivile Gesellschaft wegen der teuren Eintrittspreisen von € 4000 bis 5000 praktisch ausgeschlossen waren,würden ihre intransparenten Deals hinter geschlossenen Türen und ohne Verständnis von der lokalen Bevölkerung nicht unbeachtet stattfinden.
Es gab mehrere Proteste und Aktionen vor und während der Konferenz. Extinction Rebellion hat am Samstag vor der Konferenz den Donaukanal grün gefärbt, um ein Zeichen gegen Greenwashing zu setzen, während andere Aktivist*innen am Sonntag vor der Konferenz die Zufahrt des Privatjet Terminals blockierten.
Mehrere hunderte Personen sammelten sich frühmorgens am ersten Tag der Konferenz unweit vom Luxushotel, dem Ort des Treffens. Die Masse war nervös, aber hoffnungsvoll und dezidiert! Wir waren in zwei Gruppen (sogenannte Finger) geteilt, die zum Hotel schlenderten. Mein Finger hat es geschafft; wir blockierten einen Eingang und legten den Verkehr lahm! Der andere Finger wurde leider mit extremer Polizeigewalt konfrontiert — Pfefferspray, Schlagstöcke und Hunde. Über 140 friedliche Aktivist*innen wurden festgenommen wegen angeblicher „schwerer gemeinschaftlicher Gewalt“, um ein Treffen von Grossfirmen wie OMV, Total oder Shell, die dokumentierten Straftaten begangen haben, zu verhindern. Wie es so oft der Fall ist, schützt der Staat die kriminellen Firmen und übt Repression gegen die Aktivist*innen aus, als ob sie Terrorist*innen sind, anstatt eine gewaltfreie Ansammlung.
Trotz der Repression der Polizei gingen die Aktionen und Proteste weiter! Am zweiten Tag hängten Greenpeace-Kletter*innen ein Transparent auf den Konferenzort mit der Botschaft, „Stop Fossil Crimes“ und Hunderte Aktivisti*innen schafften es die Erdölraffinerie von OMV, dem grössten Industrieunternehmen in Österreich, außerhalb Wien zu blockieren. Gleichzeitig gab es eine Besetzung in der Stadt, um den Link zwischen Gaspreisen und Lebensunterhaltskosten zu machen. Am gleichen Abend gab es eine lebendige bewilligte Demo; 5000 Personen marschierten durch Wien, der vor dem Konferenzhotel laut und dezidiert endete. Als Sahnehäubchen haben mutige Aktivist*innen das Gala-Essen der Konferenz gestört, um der Industrie und deren Freund*innen klar zu machen, dass ihre Gewinner Armut für andere bedeutet.
Ein Student aus meiner Bezugsgruppe hat mich nach der Aktion gefragt, ob die Aktion überhaupt Sinn gemacht hat und ob sie erfolgreich war. Das Ziel der Aktionstage war es, das kriminelle Verhalten der Gasindustrie aufzudecken. Ohne Zweifel ist uns dies gelungen. Es war das erste Mal, dass die Konferenz ungewollte Aufmerksamkeit bekam. Ein breites Publikum hat mehr über die Industrie erfahren, vor allem, warum Gas unsere Zukunft gefährdet und wie die Industrie intransparent hinter verschlossenen Türen handelt.
Die Aktion hat die Erdgasförderung nicht verhindert, aber sie ermöglicht weitere Aktionen, die den Gashebel zudrehen könnte. Dafür braucht es weiteren Druck auf Politik und die Industrie. Die Graswurzelgruppe System Change, not Climate Change ergreift die Initiative, um neulich politisierte Leute in die Bewegung anzuschließen, in dem sie Ende April ein Treffen für Interessierte organisiert. Petitionen, Stadtinitiativen und weitere Aktionen sind auch angesagt!
In unserer Zeit von multiplen Krisen, sollen Aktionen Türe aufmachen, um neue Leute zu motivieren, aktiv zu werden und gleichzeitig zu eskalieren. Die fossilen Industrien haben massiv mehr Geld, jedoch ist unser Vorteil People Power und wir sollten dies maximieren, um den Staat zu ermuntern, uns zuzuhören. Wenn wir mehr sein wollen und eskalieren sollten, braucht es auch eine Menge Kreativität, so wie Mut, Neues auszuprobieren. Dank der Gasaktionen ist die Tür einen Spalt geöffnet. Die Zeit läuft uns davon. Worauf warten wir?